Thinktank
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Publikationen
Neues Theater Luzern
Luzern – CH
Aufbruchsstimmung und Lust nach neuen Formen

Die Ausschreibung für den Bau des Neuen Luzerner Theaters deutet auf die Suche nach einer symbolträchtiger Architektur hin, welche die Aufbruchsstimmung und die Lust nach neuen Formen und Offenheit in den darstellenden Künsten wiederspiegelt.
Ziel dieses Projekts ist es, trotz des beengten Perimeters der von einer durchwachsenen und dichten Bebauung umgrenzt wird einen autonomen, prägenden und identitätsstiftenden Baukörper zu kreieren, der sich in einem harmonischen Nebeneinander mit der vorgefundenen Stadtstruktur Luzerns wiederfindet.
Städtebau und Körperhaltung
Das neue Luzerner Theater als Theater des 21. Jahrhunderts bedeutet ein Weiterbauen. Es ist wesentlicher Baustein einer sich verändernden Stadtskulptur. Als klarer Solitär akzentuiert, wächst der Neubau als zeitgenössischer, selbstbewusster und harmonisierender Baustein aus der Stadtebene empor. Die Silhouette und das bewusste Absätzen des Körpers von den an dem Perimeter angrenzenden Bauten stärkt und klärt den Solitärcharakter als Gebäude des öffentlichen Typus. Die gewachsene städtebauliche Dichte wird als Charakter und Qualität der Stadt Luzern verstanden.
In der Stadtsilhouette und dem Stadtkörper wird das neue Luzerner Theater ein wesentlicher Baustein, sowohl entlang der Bahnhofstraße, aus der Perspektive vom Kornmarkt, von der Rathaustreppe, von unter der Egg, wie auch aus den Perspektiven der See-, Reuss- und Spreuerbrücke. Der Entwurfsvorschlag für den neuen Theaterbau ist im Fussabdruck nicht parallel zur Bahnhofstrasse ausgerichtet, sondern folgt den Fassadengrenzen des Bestandes. Hierdurch wird auf die abgedrehte Jesuitenkirche übergeleitet, der Solitärcharakter des neuen Theaters gestärkt und aus der Perspektive der Fussgänger eine Abstaffelung der Volumen entlang der Ost-West-Achse erreicht. Das zur Reuss horizontal gerichtete Volumen wird durch seine prädestinierte Lage als Vermittler unterschiedlicher Stadtstrukturen verstanden. Es dient als Knotenpunkt der prominenten Ladenstrasse entlang des Reussufers und der mittelalterlichen Stadt.

Das grundsätzliche architektonische Thema des massiven Sockels wird in den Neubau des Luzerner Theaters aufgegriffen und über die darüber liegenden leicht anmutenden Geschosse gestärkt. Zugleich bildet das Sockelgeschoss eine Verwandschaft mit den direkten Nachbarbauten aus und stellt den Bezug zum menschlichen Massstab her. Das Stoffliche der darüber liegenden Geschosse beginnt darüber zu flattern und bildet auf allen Seiten des Volumens ein Vordach aus, welches sich aus der vorgehängten Fassadenebene heraus entwickelt und sich um das Gebäude windet. Der Besucher wird bereits im Aussenraum empfangen und der Haupteingang am Theaterplatz deutlich darüber definiert.
Die kleinteiligen Fensterläden, welche als Sonnen- und Sichtschutz dienen und sich den wechselnden Verhältnissen anpassen können, lassen sich individuell seitlich aufschieben. Die Assoziation des Vorhangs wird über die Art der Bewegung beim Öffnen und Schliessen der Elemente gestärkt. Ein immer wieder wechselndes Fassadenkleid für die Stadt wird täglich neu generiert, die aktive, alltägliche Wandelbarkeit des Hauses fordert die Aufmerksamkeit des Betrachters regelmässig heraus und stellt so eine subtile Beziehung zum Kontext her.
Den kleinen sich fortlaufend veränderbaren Fassadenöffnungen werden präzis gesetzte, prägende Panoramefenster gegenüber gestellt, die die Robustheit und Offenheit des Fassadenbildes ausmachen. Diese Öffnungen befinden sich in jeder Himmelsrichtung des Hauptbühnengeschosses, sowie an den belebten Stirnseiten des Erdgeschosses und stellen eine weitere Ebene der direkten Sichtbarkeit und Kommunikation des kreativen Prozesses dar. Sie können als Vitrine, Schaukasten oder als Bühnen zur Stadt gelesen werden, die für virtuose Formen des Theaters inspirierend sein können.
Die erwünschte Zugänglichkeit der Ausloberin und der Austausch über diverse Blickbezüge zwischen Stadt und Haus wird über den Einsatz unterschiedlicher Öffnungselemente, die eine Vielfältigkeit der Lesart und Funktion ermöglichen seitens der Architektur unterstützt und bestärkt.


Die Proportionen des Volumens werden massgeblich vom Bühnenturm, der inneren Raumstruktur, welche von der vorgegebenen Dimensionierung der Hauptbühne und der daran anknüpfenden Räume bestimmt wird. Die Mittelachse, welche prägend für die Gesamtstruktur ist, dient als Rückgrat welches das Gebäude zusammenhält. Die effiziente Raumordnung führt zu einem minimalen Fussabdruck, welcher den Solitär in seiner Gestalt bestärkt und zugleich einen angemessenen Abstand zum Buobenmatt und zur Jesuitenkirche gewährt.
Kommend von der Bahnhofstrasse, an den Schaufenstern der Geschäftsstrasse entlang schlendernd, erhascht man den ersten Einblick in das neue Luzerner Theater. Die grosszügige Öffnung im Erdgeschoss, welche einen Blick in den im Untergeschoss gelegenen Mittleren Saal des Luzerner Theater erlaubt, knüpft an die Vitrinen der Ladengeschäfte an und macht den Kulturbau über den Einblick ins Innere erkennbar.
Der eher nachbarschaftliche Charakter der Strasse zum Buobenmatt wird informell gelesen und über einen grosszügigen Nebeneingang ins Foyer, welcher zum spontanen Durchqueren des Hauses einlädt und somit die Verbindung zur Buobenmattpassage stärkt, geöffnet. Dort befinden sich ebenso die Anlieferung, sowie die Zugänge für das Personal und das Büro des Pförtners.
Der Platz, welcher sich westlich des Theaterbaus aufspannt, gewährt eine angemessene und respektvolle Distanz zur Jesuitenkirche und erschliesst die Uferpromenade mit dem südlich gelegenen Hirschmatt-Neustadt Quartier und kann zugleich als Erweiterung des Theaterfoyers im Aussenraum verstanden werden. Der Durchgangs- und Aufenthaltscharakter des Platzes wird beibehalten und über das neue Theatercafé gestärkt. Der Stadtplatz bietet weiterhin Raum für regelmässige Veranstaltungen und Märkte. Auch die Fussgängerbeziehung Rathaussteg – Buobenmattpassage, welche das Hirschmatt-Neustadt Quartier erschliesst, soll weiterhin über den Platz stark frequentiert bleiben.
Fassade und Sichtbarkeit
Die Gestalt der Fassade vermittelt eine Robustheit und zugleich eine Zugänglichkeit. Ein gläsernes Objekt, das mal verschlossen und mal zugänglich ist, welches mal mehr, mal weniger vom Inneren Geschehen Preis gibt. Das Innenleben des Theaters kann über die Fassade mit beiläufigen Handgriffen sichtbar oder unsichtbar gemacht werden und sich selbst über seine starke Wandelbarkeit bewusst inszenieren.
Die Silhouette des neuen Theaters soll abstrakt an den historischen Theaterbau erinnern. Das Giebeldach des ursprünglichen Theaters zur Reuss wird neu interpretiert und betont über die lang geschwungene Seite zur Jesuitenkirche den Haupteingang des Hauses.
Die Glasschindeln, deren Oerfläche wie Stein bearbeitet werden kann, reagiert situativ und je nach Sonnenstand auf die Umgebung. Das Haus kann an manchen Tagen die Umgebung reflektieren und an anderen robust und steinern wirken.
Die Gestalt der Fassade vermittelt eine Robustheit und zugleich eine Zugänglichkeit. Ein gläsernes Objekt, das mal verschlossen und mal offe ist, welches mal mehr, mal weniger vom Inneren Geschehen Preis gibt. Das Innenleben des Theaters kann über die Fassade mit beiläufigen Handgriffen sichtbar oder unsichtbar gemacht werden und sich selbst über seine starke Wandelbarkeit bewusst inszenieren.
Ein immer wieder wechselndes Fassadenkleid für die Stadt wird täglich neu generiert, die aktive, alltägliche Wandelbarkeit des Hauses fordert die Aufmerksamkeit des Betrachters regelmässig heraus und stellt so eine subtile Beziehung zum Kontext her.










Struktur
Die Herausforderung bei der Entwicklung der strukturellen Idee liegt vor allem darin die zunächst einmal ambivalenten Charakteristika der Opulenz, der Effizienz, der Festlichkeit und der Funktionalität so miteinander zu vereinen, dass sie miteinander harmonisieren, sich gegenseitig bereichern und sich zu einem Grossen und Ganzen fügen.
Zum einen gilt es grosszügige, repräsentative Räume zu schaffen, die sich aufeinander beziehen, ineinandergreifen, ein Netzwerk unterschiedlicher Saalkonfigurationen ermöglichen, welche zueinander in Bezug stehen und sich gegenseitig bereichern. So werden innovative Formen des Theaters über die Architektur unterstützt und dem Theaterbesucher sowie den Kulturschaffenden unvorhergesehene Perspektiven eröffnet. Zum anderen gilt es die unterstützenden aber essenziellen Räume, wie Werkstätte, Büros und Infrastruktur, die einen gewissen Rückzug erfordern, in die Struktur zu integrieren und diese mit dem repräsentativen Teil zusammen zu führen.
Das grosszügige, in seiner Form feierlich anmutende Foyer im Erdgeschoss des Hauses bildet den Haupttreffpunkt des neuen Theaters. Es ist über alle Himmelsrichtungen zugänglich, sei es über den Haupteingang im Westen, über die Seiteneingänge entlang der Promenade im Norden und des Buobenmatts im Süden, sowie über die Einblicke in den mittleren Saal im Osten.
Das Foyer stellt den zentralen Ankommensort für die Besucher des Theaters dar, kann aber ebenso als Abkürzung oder als urbaner Durchgangraum für den alltäglichen Gebrauch verstanden werden. Das Theatercafe, welches im Ticketshop integriert ist, lockt zum beiläufigen Café und zum Verweilen ein – eine belebte Atmosphäre wird dadurch auch ausserhalb der Spielzeiten erzeugt und somit der Idee des „Foyer public“ gerecht.
Vom Foyer, das sich selbst als Stadtbühne versteht, schlüpft man seitlich über Öffnungen in Körper, in welche einläufige Treppen in das Unter- und Obergeschoss überführen. Man verschwindet in gewisser Weise hinter dem Vorhang und kommt in eine andere Welt an. Enge und Weite werden über den architektonischen Raum dargestellt und inszeniert.
Über die Treppen und Garderoben, die den Windfang des Foyers spangenartig umschliessen und den Haupteingangsbereich definieren, wird man in das Geschoss der Hauptbühne auf zwei Seiten feierlich hoch geführt. Die Treppenanlagen entwickeln sich beim Emporsteigen von einer einläufigen zu einer zweiläufigen Treppe, der Raum öffnet und schliesst sich, die Besucher winden sich über drei Geschosse hoch und erfahren dabei unterschiedliche Raumeindrücke und Perspektiven vom Innen- und Aussenraum, bis sie schliesslich in das zentrale Foyer der Hauptbühne kommen und zusammengeführt werden. Dort wird die Fassade der Jesuitenkirche durch eine liegende Öffnung als Panorama und Raumbild inszeniert. Der Weg vom Foyer in den Zuschauerraum führt am Treppenkern, an einer verengten Stelle vorbei in die Seitenfoyers, die den Zuschauerraum beidseitig umarmen. Dort wird der Ausblick in die Stadt noch einmal über die Architektur gefeiert, bevor man in eine neue Welt überführt wird.
Durch das Raumkontinuum Tageslager, Hinterbühne, Hauptbühne, Orchestergraben, Zuschauerraum und Foyer, sowie durch die beweglichen Stuhlreihen kann auch dieses Geschoss in unterschiedliche Formen für unterschiedliche Anlässe und vielfältige Theaterformen mannigfaltig transformiert werden. Im Erdgeschoss wird die zur Stadt kommunikative horizontale Achse über grosse Öffnungen an den Stirnseiten gestärkt. Zusätzliche Öffnungen an den Seitenbühnen erlauben gezielte Einblicke in das Hauptbühnengeschehen während den Proben. Die Seitenbühne kann ebenfalls als Bühne oder Vitrine zur Stadt, ähnlich wie der mittlere Saal im Untergeschoss, gelesen und genutzt werden.
Der mittlere Saal, obwohl im Untergeschoss gelegen, kommuniziert über Öffnungen auf Stadtniveau mit der Promenade und dem schräg darüber liegenden Studio. Über die Proportion und Lage der Öffnung, wird sowohl eine natürliche Belichtung als auch tiefe Einblicke in den Saal und dessen vorgeschaltetem Foyer ermöglicht. Die Berührungspunkte zwischen Stadtraum, Mittlerem Saal, kleinem Foyer und Studio im Erdgeschoss machen virtuose Theaterformen vorstellbar.
Ähnlich erweiterbar ist das Studio auf der Stadtebene, welches über das Foyer und den Luftraum des Mittleren Saals mit der Stadt in Blickkontakt tritt. Es kann im autarken Zustand genutzt, aber auch über das Foyer erweitert werden. Der mittlere Saal hingegen kann die Rolle des Bühnenbilds – z.B. über abgehängte Elemente – für das Studio annehmen. Die Schaltbarkeit dieser drei Räume betont erneut die prägende horizontale Achse durch das Theater, welche die Verbindung zwischen neuem Theaterhaus und Stadt bekräftigen und die Zugänglichkeit des Kulturbaus stärkt.
Werkstätte, sowie Büroräume und Proberäume sind an der Fassade organisiert, sodass eine natürliche Belichtung und Belüftung ermöglicht werden kann. Über Loggien gelangt in die langen, jedoch zur Erschliessung erforderlichen Korridore Licht in das Haus, welche zur guten Orientierung dienen. Dunkle beengte Situationen werden vermieden.
Die Sanitäranlagen für Besucher und Mitarbeitende werden im Haus je nach Personenbelegung sinnvoll aufgeteilt, um lange Wege zu umgehen. Alle Treppenkerne sind als Fluchtwege nach der Brandschutznorm für Hochhäuser ausgebildet. Die daran angegliederten Schächte versorgen das Haus mit der nötigen Technik.
Die Räume im Erdgeschoss sind transformativ, sie können sowohl als Entrée, Gastronomie, als Studio und Kleine Bühne genutzt werden, aber auch zu einem grossen Saal auf Stadtniveau umgewandelt werden.

Nachhaltigkeit
Nachhaltiges Bauen und Betreiben ist eine zentrale Zielsetzung des Projektes. Die Tragwerks- und Gebäudestruktur ermöglicht eine hohe Flexibilität sowie ein hohes Mass an Trennbarkeit und Recyclierbarkeit (Kreislauffähigkeit). Die Systemtrennung ist gegeben, so dass Demontage und Recycling von Primär- (Tragwerk), Sekundär- (Haustechnik) und Terzstruktur (Möblierung) mit unterschiedlichen Lebensdauern sichergestellt wird. Bauökologische sowie kreislaufwirtschaftliche Aspekte werden bei der Materialauswahl berücksichtigt. Wenn möglich, werden bestehende Materialien wiederverwendet. Es wird auf einen hohen Nutzerkomfort geachtet. Die Fensterlüftung ist möglich (natürliche Lüftung möglich).
Energie- und HLKKS-Konzept
Die Lüftungsanlage vom Saal ist zweigeteilt. Dies ermöglicht kurze Wege für die Luftführung wodurch Installationsachächte reduziert werden. Die Zuluft wird in Bodennähe eingeblasen und an der Decke abgesogen. Die Thermik unterstützt die Wärmeabführung und die Frischluft gelangt optimal zu den Gästen. Der Luftschall wird mit effizienten Schalldämpfern reduziert. Der Körperschall wird mit einer konsequenten Entkopplung der gesamten Lüftung vom Baukörper eliminiert.
Dämmkonzept und sommerlicher Wärmeschutz
Der aussenliegende Dämmperimeter ermöglicht Wärmebrücken zu minimieren. Die luftdichte Hülle stellt eine hohe Behaglichkeit und einen niedrigen Heizwärmebedarf sicher. Zum Einsatz kommen Dreifach-Wärmeschutzverglasungen in Kombination mit einer aussenliegenden Schicht aus Glaskeramik als Sonnenschutz. Es wird auf eine ausreichende Wärmespeicherfähigkeit geachtet, damit ein hoher thermische Komfort gewährleistet wird.
Schallschutz und Raumakustik
Die vorgesehene Fassade stellt den Schallschutz gegen Aussenlärm sicher. Bezüglich des Schallschutzes gegen Innenlärm wurden die Anforderungen der Anlage U03 C Raumakustik berücksichtigt. Abseits der Bühnen- und Zuschauerräume wird die Raumakustik primär im Deckenbereich gelöst. Es gilt das Prinzip „so viel Absorption wie nötig, so wenig Absorption wie möglich“.

